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Costa Rica 6.30 Uhr - Neuss 13.30 Uhr (13.03.2023)

Ehemalige Spanischschülerin Sophie B. im Freiwilligenjahr in Costa Rica
Costa Rica 3
Datum:
24. März 2023

Trotz großer Zeitverschiebung hatten die Spanischschülerinnen der Kurse Q1 und Q2 die einmalige Möglichkeit, unserer ehemaligen Schülerin Sophie Bader live über BigBlueButton aus Costa Rica zuzuhören und zu staunen, was sie in den letzten Monaten ihres Freiwilligendienstes nun schon alles erlebt hat. 

Zur Information: Sophie hat 2022 ihr Abitur absolviert und dabei die Bestpunktzahl im mündlichen Abitur im Fach Spanisch erreicht.

Einen Einblick in Sophies Alltag gibt ihr folgender Bericht:

"¡Qué Dios le acompañe!" ("Möge Gott Dich begleiten"), wünscht mir meine Gastmutter, als ich morgens aus dem Haus gehe. Auf dem Weg zur Bushaltestelle in der heißen Sonne begrüßt mich der gleiche ältere Herr wie jeden Morgen, eine Frau fragt mich nach dem Straßennamen, und im Bus kann mir ein anderer Jugendlicher kaum glauben, dass ich nicht "von hier" bin. Nach der Arbeit fahre ich gemeinsam mit meinem Gastvater nach Hause, abends tauschen wir uns über den Tag aus und machen Pläne für das nächste Wochenende mit der Familie oder am Strand. Beim Telefonat mit meiner Familie in Deutschland merke ich dann, dass ich die spanische Grammatik gerade eher im Kopf habe als die Deutsche, und wahrscheinlich auch auf Spanisch träumen werde.

Seit sieben Monaten bin ich mit der Organisation ICJA Freiwilligenaustausch weltweit e. V. in Costa Rica. Mit der Idee, nach dem Abi etwas Neues auszuprobieren und ein fremdes Land kennenzulernen, bin ich im August nach Costa Rica geflogen. Ich habe mich ziemlich schnell in das kleine Land mit seinen freundlichen Menschen und der vielfältigen Natur "verliebt". Inzwischen fühlt sich das Leben hier normaler an als die Vorstellung, schon bald wieder in Deutschland zu wohnen. Ich wohne bei einer tollen Gastfamilie in Alajuela, einer grünen Kleinstadt, wo sie mich wie eine eigene Tochter aufgenommen haben, während meine Gastschwester ihr Auslandsjahr in Frankreich verbringt. Unter der Woche arbeite ich im Büro des ACI, der Partnerorganisation hier in Costa Rica. Dort helfe ich in verschiedensten Bereichen, von Recherche und der Teilnahme an (Online-) Treffen verschiedener internationaler NGOs über Besuche der Projekte anderer Freiwilliger in Costa Rica bis hin zu Kongressen und Seminaren für ticos (Costa-Ricaner), die ins Ausland gehen. Hier habe ich viele Bekannt- und Freundschaften mit tollen Menschen geschlossen - wir internationale Freiwillige sind verschieden, aber was wir fast alle gemeinsam haben, sind die Offenheit und der Wille, neue Perspektiven der Welt kennenzulernen. 

Costa Rica selbst ist nicht mehr nur die "Schweiz Lateinamerikas", wie es in Europa oft genannt wird. Die Auswirkungen der Pandemie und des Klimawandels sieht man täglich - neben dem besagten älteren Herrn sehe ich auch wieder die gleichen Obdachlosen an fast jedem Häuserblock der Straße, und mehr als einmal haben wir mittags das Büro geschlossen, um die Überschwemmungen zumindest nur aus dem Fenster zu sehen. Auch (besonders europäische und US-amerikanische) Touristen gehören sicher zu den schwierigen Themen, wenn sie über das Land und die Menschen urteilen, ohne überhaupt etwas zu wissen. Denn was viele nicht verstehen: Hinter jedem Fakt steht ein Grund. Ich bin nicht hier, weil Costa Rica meine Hilfe bräuchte. Das tut Deutschland genauso. Costa Rica ist weder besser noch schlechter als Deutschland, sondern einfach anders. Werte wie Mitmenschlichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sind hier viel präsenter als in Europa, es ist zum Beispiel immer noch Zeit für ein "danke", auch gegenüber dem Busfahrer.

Mit diesem Neokolonialismus muss man sich auseinandersetzen, wenn man sich für einen Freiwilligendienst entscheidet. Gleichzeitig ist es eine große Chance, interkulturellen Austausch zu ermöglichen.

Denn das wahrscheinlich Wichtigste, was ich hier bisher gelernt habe: Letztendlich ist es nicht ganz so wichtig, woher wir kommen. Es ist unglaublich schön, eine andere Kultur so intensiv kennenzulernen und sich auszutauschen. Was wir aber unabhängig davon alle verstehen, sind Offenheit und Freundschaft. Wer davon ein bisschen gibt und sich auf die anderen einlässt, bekommt noch viel mehr zurück, und damit kann sich eine ganze Welt öffnen.“

Sophie B. (Abitur 2022)

 

Liebe Sophie,
herzlichen Dank für deinen interessanten Bericht, die vielen tollen Fotos und nochmals „muchísimas gracias“ fürs frühe Aufstehen!

Ulrike Mohren

 

Costa Rica 2