Spaziergang durch das Mittelalter


Im Rahmen unserer Reihe im Fach Deutsch „Beschreiben und erklären – faszinierendes Mittelalter“ wollten wir es nicht nur bei Vorgangs-, Bild- und Personenbeschreibungen belassen, sondern haben uns auch in individuellen Portfolios mit Schwerpunkten des Mittelalters wie Alltagsleben, Aufgaben der Frauen und Kinder, dem Leben auf einer Burg, Kleidung, Speisen und Getränken oder Waffen und Erfindungen beschäftigt. Was lag da näher, als diese Kenntnisse auch in unserer näheren Umgebung zu vertiefen und zu erweitern?
So machten wir uns am letzten Freitag, den 21. Februar, bei frühlingshaften Temperaturen auf, um die Zollfeste Zons auf einem Spaziergang zu erkunden. Geführt wurden wir von einem Vater einer Mitschülerin, der uns, als Nachtwächter verkleidet, nicht nur die Historie der Stadt nahebrachte, sondern auch viele Geschichten aus dem Mittelalter anschaulich zu erzählen wusste, die heute noch als Redensarten bekannt sind.
Wisst ihr zum Beispiel, woher diese Ausdrücke stammen?
- Torschlusspanik haben
Im Mittelalter konnte man eine Stadt nur durch die Stadttore betreten. Um lichtscheues Gesindel aus der Stadt fernzuhalten, wurden diese Tore nachts geschlossen. Dann kam niemand mehr in die Stadt hinein oder heraus, es sei denn, er konnte sich glaubhaft ausweisen. Reisende, die ihr Ziel noch nicht erreicht hatten, machten sich natürlich Sorgen, dass sie die Nacht außerhalb der Mauern im Freien verbringen mussten, und dadurch mancherlei Gefahren ausgesetzt waren.
Die Angst, dass die Tore der Jugend irgendwann geschlossen sein könnten und man keinen Partner mehr bekommt, ist wohl mit dieser Angst, nachts vor der Stadt allein zu bleiben, verglichen worden. - Die Kurve kratzen
Die mittelalterlichen Städte hatten enge Gassen, die eigentlich nur für Fußgänger und für von Eseln gezogene Karren gedacht waren. Als Kutschen aufkamen, hatten diese oft Schwierigkeiten, um die Ecken zu biegen, ohne die Wände der Häuser zu berühren, vor allem, wenn sie ein bestimmtes Tempo überschritten. Dann kratzten die vorstehenden Naben der Wagenräder an den Hausecken, oder die Seitenwände der Wagen beschädigten diese. Um das zu verhindern, ließen sich die Bewohner von Eckhäusern etwas einfallen. Sie ließen große Steinblöcke, auch "Kratzsteine" genannt, dicht an der Hausecke so in den Boden ein, dass sie weit emporragten. Die Lenker der Pferdewagen waren dann gezwungen, Abstand zu halten, wenn sie nicht einen Radbruch riskieren wollten. - Ein Schlitzohr sein
Alle Gesellen trugen einen goldenen Ohrring, der ihr Notgroschen, ihre eiserne Reserve war. Hatte ein Geselle grob gegen Regeln verstoßen oder war sogar straffällig geworden, so wurde ihm vom Meister dieser Ring vom Ohr gerissen, was eine schlitzförmige Narbe hinterließ - eine Warnung an weitere Arbeitgeber oder Meister. - Von Tuten und Blasen keine Ahnung haben
Zwei Berufsstände im Mittelalter hatten zu tuten und zu blasen: Der Hirte, der einer der untersten Berufsgruppen angehörte, benutzte ein Horn, um das Weidevieh zu locken, und der Nachtwächter verwendete ebenfalls ein Blasinstrument für die regelmäßigen Signale vom Turm oder den Alarm bei Gefahren wie Feuer oder Bedrohung der Stadtbevölkerung von außen. Beide Tätigkeiten bedurften keiner besonderen Fähigkeiten, man musste nur die Augen offen halten und ein Horn blasen können. Wer nicht einmal zu diesen Aufgaben fähig war, musste besonders dumm sein.
Das sind wir natürlich nach diesem Erkundungsgang durch das Mittelalter nicht mehr – zumal wir nach einer Pause auch noch das Kreisarchiv in Zons aufsuchten und uns mit der dortigen Arbeit vertraut machten.
Auch wenn einige den kargen Einzelhandel in Zons beklagten: Es war insgesamt ein sehr lohnenswerter Ausflug, der uns allen viel Spaß gemacht hat!
Eure Klasse 7c mit Frau Ahlfs und Herrn Vliegen
