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Wie war das Sozialpraktikum 2022?

Sozialpraktikum 2022
Datum:
14. Aug. 2022

Zwei Jahre lang konnte das Sozialpraktikum, das die Marienberger Schülerinnen normalerweise am Ende der EF absolvieren, wegen der Corona-Einschränkungen nicht durchgeführt werden – aber im Juni 2022 war es wieder möglich! Drei Wochen lang haben die Schülerinnen in einem Altenheim, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, einer Kita oder Schule, in einem Krankenhaus oder einer Einrichtung für Menschen in besonderen Lebenssituationen (sie liegen im Sterben, sind obdachlos oder arm) mitgearbeitet. Am Ende hat mehr als die Hälfte dieser Schülerinnen eine anonyme Umfrage ausgefüllt. Die folgenden Ergebnisse können festgehalten werden:

Mehr als 80 % der Schülerinnen sahen dem Sozialpraktikum mit Spannung entgegen, ein Viertel hätte gleichzeitig gerne weiter am Unterricht teilgenommen. Dieser Anteil ist höher als in den vergangenen Jahren. Man kann ihn vielleicht so erklären, dass diese Schülerinnen Corona-bedingte Lernschwächen weiter beheben möchten.

Drei Viertel der Schülerinnen, die an der Umfrage teilgenommen haben, haben ihre Wunsch-Praktikumsstelle erhalten. Von den anderen fand die Hälfte ihre Praktikumsstelle trotzdem in Ordnung, weil sie auch dort viel gelernt und tolle Erfahrungen gemacht haben. Für die Hälfte aller Schülerinnen gestaltete sich der Ablauf des Praktikums besser als gedacht, für je ein Viertel genauso wie beziehungsweise schlechter als erwartet. Möglicherweise hat sich dieses Achtel der Schülerinnen den Arbeitsalltag nicht so herausfordernd vorgestellt. 65 % aller Antwortenden können ihre Einrichtung ohne Einschränkungen weiterempfehlen, weil sie dort freundliche und kompetente Praktikumsanleiter oder -anleiterinnen getroffen haben, die ihnen interessante, verantwortungsvolle und bewältigbare Aufgaben gegeben und bei Fragen und Problemen zur Seite gestanden haben. Viele konnten so neue Erfahrungen machen und Facetten unserer Gesellschaft kennenlernen, die ihnen bislang verborgen geblieben sind. Wertgeschätzt haben die Marienbergerinnen ebenfalls den freundlichen Umgang der Profis mit den unterstützungsbedürftigen Menschen. Deren schwierige Lebenssituation und den anstrengenden Arbeitsalltag in sozialen Einrichtungen kennenzulernen, das hat vielen Schülerinnen gezeigt, wie gut sie es haben: sie empfinden nun größere Dankbarkeit für das, was ihnen möglich ist. Andere Schülerinnen haben erfahren, wozu sie selbst in der Lage sind, z.B. mit Kindern spielen, mit älteren Menschen kommunizieren oder einen langen Arbeitstag durchhalten. An ihren jeweiligen Einsatzorten haben sie vielfältige Kenntnisse erworben, etwa über Abläufe in einem Krankenhaus, das Schieben eines Rollstuhls, die Situation der Flüchtlinge in Neuss, die Bedeutung eines offenen und kommunikationsbereiten Auftretens, das Tragen von Verantwortung, die Fähigkeiten und den Unterstützungsbedarf von Kindern oder dementiell Erkrankten. Bei ihren konkreten Tätigkeiten fühlten sich die wenigsten Schülerinnen überfordert. Die meisten konnten das tun, wozu sie von der Schule her aufgerufen waren, nämlich mit unterstützungsbedürftigen Menschen Kontakt aufzunehmen und mit ihnen über ihr Leben zu sprechen.

Vollständig gelangweilt hat sich keine Schülerin beim Praktikum, zeitweise kam das jedoch vor. Ausgebeutet fühlte sich ebenfalls keine Schülerin. Drei Viertel derjenigen, die an der Umfrage teilnahmen, denken, dass sich die Mitarbeitenden in den Einrichtungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut um sie gekümmert haben. Einige fühlten sich allerdings manchmal alleine gelassen und regten an, dass diese Einrichtungen noch einmal darüber nachdenken, wie sie eine Praktikantin einsetzen können.

Die Vorbereitung des Sozialpraktikums in der Schule wurde einerseits sehr geschätzt. Die eine und andere Schülerin wünscht, dass sie noch genauere Informationen zu Bewerbungsschreiben und -gesprächen erhält. Vermisst wurden vor allem Gespräche mit Schülerinnen, die im vergangenen Jahr ihr Sozialpraktikum geleistet haben. Es gibt sie normalerweise, doch konnten sie im Frühjahr 2022 nicht stattfinden, weil der letzte Sozialpraktikums-Jahrgang schon das Abitur gemacht und unser Gymnasium verlassen hat. Spontan erklärten sich viele Schülerinnen des jetzigen Q1-Jahrgangs dazu bereit, der nächsten EF Rede und Antwort zu stehen. Es gibt noch einen Wunsch. Auch im Unterricht sollte intensiver über das gesprochen werden, was die Schülerinnen während des Praktikums erwartet. Insbesondere die Herausforderungen, die Leid und Tod für die Schülerinnen darstellen könnten, sollen thematisiert werden. Mit der Betreuung durch die Lehrkräfte vor und während des Sozialpraktikums zeigten sich alle Schülerinnen zufrieden.

Abschließend erteilten mehr als 50 % der Feedback gebenden Schülerinnen dem Sozialpraktikum die Schulnote „Sehr gut“, mehr als 30 % vergaben ein „Gut“ und 15 % ein „Befriedigend“. Auch wenn einige Schülerinnen manchmal Probleme lösen mussten, betrachten sie die Praktikumszeit als eine positive und wichtige Erfahrung. Die „Durchschnittsnote“ von 1,9 ist ein wirklich gutes Ergebnis, aber es fordert auch heraus, dass die Schule noch einmal mit den Einrichtungen das Gespräch sucht über die Besonderheiten des Sozialpraktikums sowie über die Aufgaben und Einsatzzeiten für die Schülerinnen. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Rückmeldungen der betreuenden Lehrkräfte. Auch sie verdeutlichten, dass die zweijährige Unterbrechung durch die Corona-bedingten Einschränkungen eine erneute Besinnung auf die Spezifika der erfahrungsreichen Sozialpraktikums-Zeit notwendig macht.

A. Rieks